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„Eine sehr schwierige, aber die beste Entscheidung!“

13.7.2019

Superintendent Klaus Majoress erläuterte die Entscheidung der Vereinigung und stand bei den Versammlungen den Gemeindemitgliedern Rede und Antwort (Foto: Ernst)
Superintendent Klaus Majoress erläuterte die Entscheidung der Vereinigung und stand bei den Versammlungen den Gemeindemitgliedern Rede und Antwort (Foto: Ernst)

KIRCHENKREIS + Es waren keine leichten Termine die Klaus Majoress, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, in seiner Funktion die letzten Wochen wahrnahm. Zu einer Gemeindeversammlung mit Anhörung reiste er jeweils in die Evangelischen Kirchengemeinden von Attendorn, Finnentrop, Grevenbrück und Lennestadt-Kirchhundem. Dort informierte Majoress die Gemeindemitglieder jeweils über die Pläne, dass die vier benachbarten Kirchengemeinden zum 01. Januar 2020 zur neuen Evangelischen Kirchengemeinde Attendorn-Lennestadt vereinigt werden.

 

„Wir versuchen alles uns Mögliche, den Prozess und die Vereinigung positiv zu gestalten. Aber es werden dennoch Veränderungen auf uns und Sie zukommen. Das ist, wenn man das Gemeindeleben erhalten möchte, leider unumgänglich“, stellte Klaus Majoress zu Beginn der Versammlungen klar. Die Gründe für diese Entscheidung seien zum einen die finanzielle Situation der einzelnen Gemeinden. „Die Gemeindezahlen sinken seit langer Zeit, die Kosten in den Gemeinden bleiben oder erhöhen sich sogar noch. Mit diesem Ungleichgewicht kann keine Gemeinde langfristig bestehen, wenn man nichts verändert“, so Majoress.

 

Zum anderen müsse auch die personelle Situation in den Gemeinden bedacht werden. Zurzeit habe man noch sechs Pfarrer in den vier Gemeinden. Durch den Eintritt von Grevenbrücks Pfarrer Hans-Joachim Keßler in den Ruhestand verringere sich die Pfarrstellenzahl auf nur noch fünf. Auch sei in den nächsten fünf Jahren damit zu rechnen, dass die Zahl altersbedingt weiter sinke. Dann stünden nur für die vier Gemeinden nur noch drei Pfarrer zur Verfügung. „Es gibt insgesamt in Westfalen zu wenig neue Pfarrerinnen und Pfarrer. Und wir im Sauerland sind nicht gerade die Wunschgegend für sie.“ erklärte der Superintendent die Situation weiter. Trotz dieser Entwicklungen solle aber erreicht werden, dass es in allen vier herkömmlichen Gemeinden weiterhin eine Haupt-Gottesdienststelle gäbe, stellte Klaus Majoress deutlich heraus. 

 

Damit müssen sich der Evangelische Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg und seine Kirchengemeinden der gleichen herausfordernden Zukunft stellen, wie auch die gesamte Evangelische Kirche in Deutschland. Dies belegt die aktuelle Studie der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, wonach die Kirchen bis 2060 rund die Hälfte ihrer Mitglieder verlieren könnten. 

 

Um auf diese Veränderungen reagieren zu können, sind die Presbyterien in Attendorn, Finnentrop, Grevenbrück und Lennestadt-Kirchhundem innerhalb eines Strukturausschusses seit eineinhalb Jahren damit beschäftigt, Antworten auf die Entwicklung zu finden. Schließlich handele es sich um ein Gebiet von rund 500 Quadratkilometern bei ungefähr 9.000 Gemeindegliedern. „Die Mitglieder des Strukturausschusses waren aber am Ende davon überzeugt, dass in einer Vereinigung mehr Chancen als Herausforderungen stecken. Darum haben alle beteiligten Presbyterien mit großer Mehrheit zugestimmt und die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen gebeten, die notwendigen Schritte einzuleiten, um eine Vereinigung herbeizuführen“, fasst Wolfgang Dröpper, Vorsitzender des Presbyteriums in Attendorn und Mitglied des Kreissynodalvorstandes, den Prozess zusammen.

 

In den vier Versammlungen und Anhörungen nahm sich Klaus Majoress viel Zeit die Gründe für die Vereinigung darzustellen und auf die Fragen der Anwesenden einzugehen. Dabei stellte er sich auch einigen kritischen Anmerkungen und Sorgen von Gemeindemitgliedern. „Ich habe absolutes Verständnis für ihre Sorgen. Es war eine sehr schwierige, aber die beste Entscheidung aus unserer Sicht. Wir wollen nicht abwarten, bis wir konkret von Situationen zum Handeln gezwungen werden und es dann vielleicht schon zu spät ist. Wir wollen uns als Kirchenkreis, mit all unseren Kirchengemeinden, schon jetzt auf die Zukunft ausrichten, um dort noch passend agieren zu können“, erklärte der Superintendent weiter.

 

Die neue Evangelische Kirchengemeinde Attendorn-Lennestadt wird ein gemeinsames Presbyterium haben, das zu Beginn des Jahres 2020 gewählt wird. Bezirksausschüsse werden die Arbeit in den einzelnen Regionen verantworten. Neben einer gemeinsamen Verwaltung in Grevenbrück werden die bisherigen Gemeindebüros stundenweise besetzt bleiben. So soll verhindert werden, dass sich die Kirche weiter von ihren Mitgliedern entfernt, räumlich wie inhaltlich. „Uns ist es sehr wichtig mit ihnen als Gemeindemitglieder ganz offen, transparent und im Dialog zu kommunizieren. Wir möchten ihnen auch gerade in dieser schwierigen Situation Sicherheit geben. Sie sollen genau wissen wie es weitergeht, wer ihre Ansprechpartner sind und wie das Gemeindeleben hier genau aussehen wird und wo sie weiterhin ihren Platz haben“, machte Majoress deutlich. 

 

Trotz kritischer Anmerkungen und einer gewissen Unsicherheit vor der Zukunft bei einigen Gemeindemitgliedern, herrschte am Ende der Gemeindeversammlungen doch eine positive Stimmung. Ein Gemeindemitglied in Finnentrop resümierte in einer Ansprache an Klaus Majoress: „Ich spreche für Viele von uns, wenn ich sage: Wir sind nicht überrascht von dieser Entscheidung. Natürlich tut man sich mit Veränderungen am Anfang schwer, aber wir wüssten keine bessere Lösung für die Zukunft der Kirchengemeinden hier in der Region, als die sie uns gerade erörtert haben. Wir danken ihnen dafür und für ihre Offenheit, Transparenz und den enormen Einsatz.“ ©KHE

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