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Weihnachten? – Jetzt erst recht!

24.12.2023

MITTEN UNTER UNS

            in der Dorfkirche in Halver-Oberbrügge

            ein bunt leuchtendes Glasbild:

            das Jesuskind in der Krippe,

            von Maria und Josef bergend umrahmt,

            ein Mädchen, ein Hirte andächtig dabei,

            von diesem Wunder angerührt.

            Wir können es sehen,

            mitten unter uns:

DER GLANZ GOTTES

 

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

ein trüber Abend Anfang Dezember, draußen irgendetwas zwischen Nieselregen und leichten Schneeflocken, ich sitze an meinem Schreibtisch, soll rechtzeitig zum Redaktionsschluss und darum etliche Tage vor dem Fest die Weihnachtsandacht für „Unsere Kirche“ schreiben. Und ich merke: Trotz der Kerze auf der Fensterbank und einem heißen Tee neben dem Laptop ist für mich von Advents- und Weihnachtsheimeligkeit noch wenig zu spüren. – Überhaupt: Wie soll angesichts der Schreckensnachrichten, der Schreckensbilder aus aller Welt irgendetwas an Festfreude, an froher erwartungsvoller Weihnachtsstimmung entstehen? Der entsetzliche Krieg in der Ukraine, der Terroranschlag in Israel mit all dem Grauen, das daraus entsteht, dazu eine Welt, die unter dem Klimawandel immer mehr leidet, die Sorge um soziale Gerechtigkeit, die so oft auf der Strecke bleibt, eine Gesellschaft, in der das Miteinander scheinbar immer weniger zählt. Und all die persönlichen Widrigkeiten und Probleme, die wir vermutlich alle in irgendeiner Form zu tragen haben, sind dabei noch gar nicht benannt.

 

Gewiss – gerade jetzt bräuchten wir wohl solch eine Auszeit vom Alltag, von allen Kriegs- und Katastrophenmeldungen, von aller Untergangsstimmung, aller Angst und Unsicherheit. Aber kann das gelingen? Können Lichterglanz und Weihnachtskekse, Geschenkeberge und Festessen, können geschmückte Tannenbäume und die altvertrauten Lieder uns hinwegtrösten über all die schier unüberwindbaren Herausforderungen des Lebens? Uns all das vergessen lassen, was um uns herum und oft genug auch bei uns und in uns passiert? Ist das überhaupt möglich? Nein – das können all sie nicht, uns über irgendetwas hinwegtrösten. Uns eine rosarote Brille aufsetzen, so dass wir nur noch Schönes und Gutes sehen und alles andere ausblenden. Das nicht. All diese Weihnachtsbräuche, Weihnachtszeichen, Weihnachtsrituale und auch all die Krippendarstellungen können aber etwas anderes: Sie können uns daran erinnern, wie unser Gott die Welt doch eigentlich gedacht, eigentlich erschaffen hat – als einen Ort des Miteinanders, des Hoffens und Vertrauens, als einen Ort des Lebens. Als einen Ort, an dem wir etwas vom Glanz Gottes erspüren können.

 

Das ist nicht erst heute so. Das prägt Weihnachten von Anfang an, macht den Kern dieses Geschehens aus: dass wir erkennen können, wie Gott uns und aller Welt Gutes will, allem Entsetzen zum Trotz. Gott wird Mensch unter kläglichsten Bedingungen. Eine ledige Mutter, der mit ihrer Schwangerschaft, ihrem Neugeborenen gesellschaftlich das Aus droht. Dass Josef überhaupt bei ihr bleibt und ihr so diese Schande erspart, ist lange nicht klar, wie die Bibel schildert. Sie sind irgendwo unterwegs zwischen Nazareth und Bethlehem, wie heute so viele auf der Flucht sind und damit ihre Heimat zurücklassen müssen, ohne zu wissen, ob sie ankommen, wo sie ankommen, ob sie Aufnahme finden. Und als Maria dann ihr Kind zur Welt bringt, findet sie keine richtige Herberge, sondern bloß einen Stall mit Heu und Stroh und einer Futterkrippe für das Kind. Eine wahrlich klägliche Notunterkunft, verglichen mit der die Feldbetten in Turnhallen wie purer Luxus erscheinen. Die Geburt selber dann ohne jeden medizinischen Beistand, ohne irgendeine medizinische Versorgung, geschweige denn gesetzliche Regelungen, die für Mutterschutz und Erziehungszeiten sorgen könnten. Dieses Geschehen ereignet sich auch nicht in den bekannten Metropolen der damaligen Welt, sondern irgendwo am Rande der Zivilisation, dort, wo bloß noch Hirtinnen und Hirten mit ihren Schafen sind.

 

All das nimmt Gott auf sich für uns Menschen. So kommt er zu uns, wird einer von uns. Die Engel verkündigen es als erste, bringen es auf den Punkt: „Ehre sei Gott in der Höhe und – Friede auf Erden.“ Die Klarheit Gottes, der Glanz Gottes leuchtet auf in dieser Nacht der Geburt Jesu.

Darum geht es Gott. In diesem hilflosen Neugeborenen, in seinem Sohn Jesus, zeigt Gott, wofür er einsteht – für Frieden, den umfassenden Shalom zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mensch und Natur, in uns selbst, zwischen uns und Gott. „Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr!“ Diese frohe Botschaft will ich gerne hören und mich von ihr ermutigen lassen. Diesen Glanz Gottes will ich gerne sehen und mich von ihm anrühren lassen. Diese gute Nachricht will ich gerne glauben und aus ihr neu Hoffnung und Zuversicht schöpfen. Ich freue mich auf Weihnachten, gerade jetzt – hoffentlich Sie auch! Das wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben.

© EKKLP

Ihr

Christof Grote

Superintendent

des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg

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