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Golden 20s mit 2Flügel

29.10.2022

Das Duo „2Flügel“ bei ihrem Auftritt in der Erlöserkirche „Goldzwanziger“. (Foto: Ingrid Weiland)
Das Duo „2Flügel“ bei ihrem Auftritt in der Erlöserkirche „Goldzwanziger“. (Foto: Ingrid Weiland)

LÜDENSCHEID + Eine große Begeisterung löste am Freitagabend das Konzert von „2Flügel“ in der Erlöserkirche aus. Das Duo, das dort anlässlich des 950-jährigen Bestehens des Gotteshauses vor rund 100 Leuten auftrat, setzt sich bekanntlich aus der aus Schalksmühle stammenden Theologin, Evangelistin, Autorin und ehemaligen Schülerin des Lüdenscheider Bergstadt-Gymnasiums, Christina Brudereck, und aus Benjamin Seipel, Pianist, Komponist und Dozent an der Musikhochschule Köln, zusammen.

 

Gleich mit ihrem ersten Beitrag vermittelten beide ihrem Publikum den Eindruck, dass sie auf ihren Gebieten grandios sind: Christina Brudereck auf dem der Poesie, die sie mit Kultur und Politik verbindet und Benjamin Seipel an den Tasten. Ihr aktuelles Programm, das sie unter der Überschrift „Goldzwanziger“ präsentierten, war sowohl Lesung als auch Konzert. Mit den Worten „Wie können unsere zwanziger Jahre golden sein?“ schlugen sie nach einem Moment der Stille eine Brücke von der Gegenwart zu den goldenen 1920-er Jahren. Ein tempogeladenes Tastenspiel mit 32 Takten leitete zu einem Rückblick auf die erste deutsche Demokratie und die Weimarer Republik, auf Persönlichkeiten wie Ebert, Stresemann, Einstein, Bela Bartok, Otto Dix, Kafka, Heinrich und Thomas Mann über.

Christina Brudereck erinnerte aber auch an die vom Hunger, Krieg und Tod im Ersten Weltkrieg gezeichnete Vergangenheit, die alles andere als „golden“ war. Und da das Geschichtenerzählen ihre Leidenschaft ist, skizzierte sie auch die Lebensbilder von Astrid Lindgren, Mutter Teresa, Marlene Dietrich und anderen. Sie schilderte auf humorvolle Weise, wie Frauen um Gleichberechtigung kämpften, Käthe Kollwitz als erste Frau in die Akademie der Künste aufgenommen wurde und Erich Kästner seinen Bestseller „Emil und die Detektive“ schrieb. Besonders köstlich war, was sie über „die Frau ab 50“ und das Älterwerden zu berichten hatte. In zungenzerbrecherischem Tempo schaffte sie es auch, eine Vielzahl von Sprichwörtern aneinanderzureihen. Immer wieder brachte sie ihr Publikum zum Lachen.

 

Benjamin Seipel sorgte mit altbekannten Weisen wie „Veronika, der Lenz ist da“, „Man müsste Klavierspielen können“, „Ich hab‘ noch einen Koffer in Berlin“ und „..wie einst Lili Marleen“ ebenfalls für eine Topstimmung. Einen Kontrast dazu bildete ein Lied, das an den früh verstorbenen christlichen Liedermacher Johannes Nitsch erinnerte. Vor allem aber griff er die Stimmungen der von Christina Brudereck vorgetragenen Texte auf. Dabei beeindruckte er durch sein sowohl kraftvolles als auch leichtes, aber immer intensives Tastenspiel und durch die Gabe, vom Schlager zu einer klassischen Melodie, vom Flohwalzer zur Musik von J.S. Bach übergehen zu können. Er glänzte nicht nur an den Tasten, sondern auch durch seine Qualitäten als stimmgewaltiger Sänger. Auch Pop-Kantorin Nicole Trester, die das Konzert organisiert hatte, wurde von ihm in das Programm einbezogen: Sie musste sein Tastenspiel in einem Stück durch Klingelzeichen ergänzen und sorgte dadurch für viel Spaß.

Christina Bruderecks Aussage „Wir sind nicht allein“, mit der sie zum Durchhalten in den gegenwärtigen Krisenzeiten ermutigte, wurde von allen im Kirchenraum dadurch unterstrichen, dass sie ein „Halleluja“ mitsummten. Für die besonderen Poesie- und Klangerlebnisse, für die man schon zwischendurch immer wieder Beifall gespendet hatte, bedankte man sich am Schluss mit Riesenapplaus. Zur Erinnerung an den großartigen Abend in der Erlöserkirche, an dem selbstverständlich auch noch eine Zugabe fällig war, nahmen viele sich das soeben erschienene Buch samt CD von den „Goldzwanzigern“ des Duos „2Flügel“ mit nach Hause. ©ih

Christina Brudereck und Benjamin Seipel beim Signieren am Büchertisch. (Foto: Ingrid Weiland)
Christina Brudereck und Benjamin Seipel beim Signieren am Büchertisch. (Foto: Ingrid Weiland)

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