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Stein des Anstoßes

15.8.2025

Peter Winkemann, Presbyteriums-Vorsitzender der Ev. Kirchengemeinde Plettenberg, hat sich den Zustand der Christuskirche genau angesehen. Der Zustand ist in einigen Bereichen besorgniserregend (Foto: Damschen)

Von Harmut Damschen

 

PLETTENBERG + Im August 2023 war die Aufregung groß, als Kirchenführerin Renate Chowanetz auf dem neuen Kirchplatz-Pflaster an der Turm-Nordseite der Plettenberger Christuskirche Bruchsteine fand (wir berichteten in UK 40/2023). Wie leicht hätten die Steine, die ja nur aus dem Mauerwerk des Turmes stammen konnten, jemanden treffen können! Doch es war wohl anders. Bei einer Kontrollfahrt in einem Steigerkorb konnten von Dombaumeister Gunther Rohrberg (Dombaumeister der Soester Wiesenkirche und auch bereits Bauleiter bei den Sanierungsarbeiten an der Böhler Kirche und dem Turm der Christuskirche) und dem Plettenberger Presbyteriums-Vorsitzenden Peter Winkemann keine Fehlstellen festgestellt werden. Also kamen sie zum Schluss, dass irgendjemand die Bruchstücke dort abgelegt haben musste.

 

Bei der Gelegenheit wurde nicht nur die Nordseite des Turmes, sondern das ganze Bauwerk abgefahren und bewertet. Die erweiterte Kontrolle brachte jedoch andere Schäden zutage. Außer einigen Schadstellen an der Südfassade des Langhauses und des Daches kam der erschreckend schlechte Zustand der Flankentürme dabei heraus. Nur eine schnellstmögliche Restaurierung würde den Erhalt der besonders angegriffenen, filigranen Flankentürme sicherstellen können.

 

Besonders interessant ist, wie Winkemann wusste, die nördlich der Alpen wohl einzigartige Bauweise der Flankentürmchen, weil die viereckige Basis einmal über Eck gestellt wird (also quasi 2 Würfel übereinander und versetzt zueinander), bevor sie dann in einen runden Turm übergeht.

 

Unser Reporter hatte jetzt die Gelegenheit, mit Peter Winkemann über das Baugerüst bis zur kupfergedeckten Spitze mit der auf ihr thronenden und ziemlich an den Spitzen verbogenen Sonne aus Kupferblech des südlichen Flankenturms in 30 Meter Höhe zu klettern und die vielen Schäden in Augenschein zu nehmen. Zudem war der Rundblick über die Dächer der Stadt atemberaubend.

 

Bruchsteine machen ihren Namen alle Ehre und sind in Teile zerbrochen, bilden Risse, durch die das Wasser in den Stein dringen kann und bei Frost ihn noch weiter schädigen. Zwischen Putz und Mauerwerk haben sich breite Risse gebildet, durch den das Wasser den Weg bis hinunter in das Gewölbe über dem Kirchenraum und dort in die zwischenzeitlich bereitgestellten Eimer und Schüsseln fließt. Alle Säulen des Turmes bedürfen einer nachhaltigen Restaurierung. Bei früheren Reparaturarbeiten wurden teilweise Ziegelsteine zur Füllung größerer Lücken und Schieferplatten bei schmaleren Spalten verwendet. Diese Stellen liegen, nun ohne Putz, offen. Wespen haben einen Durchschlupf durch den Putz in einen Hohlraum im Mauerwerk gefunden und dort ihr Nest. An einer anderen Stelle wächst eine Buche aus einem Mauerspalt. Ziemlich frustriert meint Winkemann: „Daran kann man sehen, dass das Mauerwerk ein guter Nährboden und stets feucht sein muss. Sonst könnte der Trieb nicht so gut gedeihen.“

 

Der Turm wurde damals so gebaut, dass ein Mensch sich innen an den vorspringend eingelassenen Klettersteinen emporarbeiten konnte. Hoch oben im ebenfalls sanierungsbedürftigen Kupferdach über dem Ausstieg des Türmchens ist ein heute arg verrosteter Haken angebracht, an dem vor Zeiten für Arbeiten an der Spitze bestimmt eine schmale Leiter und auf ihr ein hochsteigender Dachdecker mit seinem Leben hing. Heute würde sich kein Mensch freiwillig im Turm nach oben begeben und sich schon gar nicht dem verrotteten Haken anvertrauen.

 

Die Spitze des Flankenturmes bildet eine aus Kupferblech geschnittene Sonne, die mit der Inschrift „Paul Thomée 1948“ den Namen des ehemaligen Klempnermeisters und stellvertretenden Bürgermeisters, der damals die Kupferverkleidungen ausführte, trägt.

Ist dieser südliche Flankenturm saniert, muss das speziell oben versetzt gebaute und im Inneren des oberen Kirchengewölbes befestigte Gerüst zurückgebaut und auf der anderen Seite spiegelverkehrt aufgebaut werden. Dann kann auch der nördliche Flankenturm genauer begutachtet und wieder instandgesetzt werden. Die gesamte, dringend notwendige Restaurierung wird ein dickes Loch in die Kasse der Ev. Kirchengemeinde Plettenberg reißen. Es bleibt also eine Thematik, welche die Kirchengemeinde noch länger beschäftigen wird - wir berichten weiter…

Infoblock:

 

Dombaumeister Gunther Rohrberg beschreibt die Flankentürme wie folgt:

 

„Im unteren Bereich (aus dem Dach kommend) sind die Türme eckig (Quadrat) und im Bereich der Traufe rund (Kreis). Der Übergang vom Quadrat zum Kreis erfolgte über die im Mittelalter übliche Bildung eines Achtorts. Die 8 Ecken des Achtorts werden entweder durch die Mauerecken der Mauerwerksquadrate oder durch Steinsäulen gebildet. (…) Die Schlankheit eines Turmes wird durch das Verhältnis der Höhe zur Breite ausgedrückt. Die Höhe der Türme von Oberkante Chormauerwerk bis zur Mauerwerkskrone beträgt ca. 12,5 m. Die Breite des Quadrats beträgt ca. 2 m und der Durchmesser des unteren Kreises beträgt ca.1,8 m. Somit ergibt sich ein Verhältnis von Höhe/Breite von ca. 7. Zur Erbauungszeit müssen diese Türme als sehr schlank eingestuft werden.“

Bildimpressionen vom Zustand der Plettenberger Christuskirche (alle Fotos: Damschen)

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