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"So und jetzt mutig drauf los"

23.6.2021

Christine Rosner ist seit dem 1. Juni Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Plettenberg. (Foto: Iris Kannenberg)
Christine Rosner ist seit dem 1. Juni Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Plettenberg. (Foto: Iris Kannenberg)

Von Iris Kannenberg

 

Frau Rosner, bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor.

 

Christine Rosner: "Ich bin 34 Jahre alt und verheiratet mit Jannick Rosner. Wir erwarten gemeinsam unser erstes Kind, worüber wir uns sehr freuen. Ich selbst komme gebürtig aus Hemer. Nach meinem Theologiestudium in Krelingen, Leipzig und Mainz habe ich nach meinem Examen für zwei Jahre in Mainz das Philipp-Jakob-Spener- Studienhaus geleitet. In diesem Haus wohnen Christen in einer Gemeinschaft zusammen und gestalten auch Seminare und Gottesdienste. Mein Vikariat habe ich in der Ev. Kirchengemeinde Werdohl absolviert. Anschließend ging es weiter mit dem Probedienst in der Pauluskirchengemeinde in Castrop-Rauxel. Seit Februar dieses Jahres bin ich in Plettenberg, wo ich seit dem ersten Juni die zweite Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde Plettenberg angetreten habe. Ich bin eine echte Sauerländerin und komme gut mit den Menschen hier in der Region klar. Daher freut es mich umso mehr, jetzt in Plettenberg zu arbeiten."

 

Das Gemeindeleben ist durch Corona gerade sehr eingeschränkt. Nicht einfach für eine Pfarrerin in einer neuen Gemeinde.

 

"Es ist sicherlich schwieriger, als ganz normal in das Gemeindeleben einzusteigen. Ich mache Mitarbeitertreffen oder anderes jetzt natürlich eher über Video-Konferenzen. Ich versuche aber auch, den Fokus darauf zu legen, einzelne intensiver kennenzulernen, z.B. durch gemeinsames Spazierengehen. Und natürlich gibt es weiterhin Beerdigungen, bei denen man den Menschen nach wie vor persönlich begegnet. Freitags nehmen wir unseren Gottesdienst für den sonntäglichen Online-Gottesdienst auf. Es tut gut, dann in der Kirche zu sein und mit einem Team aus Musikern, Lektoren, uns Pfarrern und z.T. einigen Konfirmanden Gottesdienst zu feiern. Ich bin die Vorbereitung und Umsetzung eines virtuellen Gottesdienstes bereits aus der Gemeinde in Castrop-Rauxel gewohnt und kenne die Abläufe. Dort haben wir hauptsächlich Live-Gottesdienste gestreamt. Es ist auf jeden Fall schön für mich, dass ich feste Termine in der Woche habe, an denen ich echte Menschen treffe."

 

Was hat Sie ausgerechnet an Plettenberg so überzeugt?

 

"Zum einen war die Gemeinde flink und hat mich sehr früh proaktiv angefragt. Sie haben den ehemaligen Superintendenten Klaus Majoress nach einem Pfarrer oder einer Pfarrerin gefragt, die zur Evangelischen Kirchengemeinde Plettenberg passen könnte und er hat mich empfohlen. Dann habe ich Gespräche mit Menschen geführt, die diese Gemeinde lieben. Da habe ich gemerkt, dass die Gemeinde sehr lebendig ist, dass sich viele darin ehrenamtlich engagieren und dass sie richtig Lust haben, gemeinsam am Reich Gottes zu bauen. Das hat mich gereizt."

 

Sehen Sie in der jetzigen Corona-Situation auch etwas Positives?

 

"Erst einmal ist Corona ätzend – das rede ich mir auch nicht schön. Positiv ist sicherlich die technische Entwicklung in der Kirche. Die Menschen sind jetzt gezwungen, sich mit Video-Streaming, Online-Konferenzen und Social-Media zu beschäftigen. Ich bemerke zudem positiv, dass die neue Situation viel Solidarisierung untereinander frei gesetzt hat. Bei uns gibt es z.B. jetzt die Oldies-Post. Da wird die Predigt als liebevoll gestalteter Brief persönlich bei denen abgegeben, die uns nicht im Internet folgen können. Alle haben im Moment einfach den gleichen Wunsch: Das Ganze gemeinsam durchzustehen, ohne dass jemand auf der Strecke bleibt."

 

Warum wollten Sie eigentlich Pfarrerin werden?

 

"Da gab es verschiedene Einflüsse. Mir wurde schon als Jugendliche bewusst, dass ich mich sehr von Gott beschenkt fühle. Und habe mich früh dafür entschieden, meinen Glauben hauptamtlich zu leben. Ich wurde unter anderem von meiner Jugendreferentin Andrea Bahr gefördert. Sie hielt mich dazu an, doch einfach einmal zu predigen. Es war ein Entwicklungsprozess. Ich liebe zudem total die Vielseitigkeit in diesem Beruf. Ich mag es, mit den verschiedenen Altersgruppen zu arbeiten – von der Taufe bis zum Totenbett. Einen Schwerpunkt in dieser Arbeit, also etwas, was ich besonders gern mache, habe ich noch gar nicht gefunden. Ich mache eigentlich alles gerne."

 

Fühlen Sie sich von Gott nach Plettenberg gerufen?

 

"Es gab keinen ganz klaren Ruf Gottes. Ich bin aber immer mit ihm im Gespräch. Grundsätzlich war es ein längerer Prozess, der mich nach Plettenberg geführt hat. Ich habe natürlich im Vorfeld auch mit meinem Mann und anderen Personen gesprochen. So ein Ortswechsel birgt ja immer ein gewisses Risiko für beide Seiten. Aber wir haben eben auch Vertrauen zu Gott. Wir haben Kopf, Herz und Gefühl befragt und hatten dann den Eindruck: „So und jetzt mutig drauf los.“

 

Sehen Sie die Kirche eher losgelöst vom normalen Leben oder wirkt sie auch aktiv in die Gesellschaft mit ein? Ist Kirche politisch?

 

"Kirche sollte immer auch eine Meinung haben zu Themen, die das öffentliche Leben betreffen. Über politischen Fragen sollte die Kirche aber nicht an ihrem eigentlichen Auftrag vorbeischießen. Ihre erste Aufgabe ist es nach wie vor, das Evangelium zu verbreiten durch Wort und Tat. Vieles kann man allerdings schwer trennen. Nehmen wir einmal die Flüchtlingspolitik. Ein hochpolitisches Thema, das uns gerade als Kirche sehr betrifft, weil wir als Christen offene Türe für alle Menschen haben und denen helfen sollten, die in Notlagen geraten sind. Jedoch immer im Rahmen unseres Auftrags.

 

Kirche sollte sich natürlich auch auf das gesellschaftliche Leben auswirken. Ich kann noch nicht abschätzen wie das hier in Plettenberg ist. Ich würde mich aber sehr freuen, auch Persönlichkeiten der Stadt kennenzulernen und als Kirche für sie sichtbar zu sein. In welchem Umfang, wird sich noch zeigen."

 

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft in Plettenberg?

 

"Ich wünsche mir, dass meine Familie und ich gut in die Gemeinde hineinwachsen und sich viele kreative Möglichkeiten ergeben, gemeinsam mit anderen Gottes Reich zu bauen. Dabei möchte ich bewährtes stärken und auch neue Wege gehen. Persönlich wünsche ich allen Plettenbergern, dass sie gut durch diese besondere Zeit kommen, sich von Gott getragen wissen und den Blick auch weiterhin fest nach vorne richten!"

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