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Party, Livemusik und ein Seelsorge-Zelt
10.10.2025

Von Iris Kannenberg
LÜDENSCHEID + Wie die letzten Jahre immer, verwandelte sich auch dieses Jahr das sonst eher unscheinbare Nattenberg-Stadion in Lüdenscheid in eine pulsierende Festivalmeile. Bereits zum fünften Mal fand dort das Bautz-Festival statt, ein Groß-Event der Extraklasse, das sich durch seine Vielseitigkeit und Größe als bedeutendstes Musikfestival des Sauerlands etabliert hat. Insgesamt 45 internationale Musiker und Bands traten 2025 auf vier Bühnen auf und sorgten für ausgelassene Stimmung, tanzbare Rhythmen und ein buntes Miteinander.
Auch Familien kamen auf ihre Kosten: Für Kinder und ihre Eltern wurde ein eigenes, vielfältiges Programm angeboten.
Besucherinnen und Besucher reisten nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch aus den Niederlanden, Österreich und Belgien an. Mehrere Tausend Musikbegeisterte feierten gemeinsam – tagsüber entspannt, abends zunehmend ausgelassen. Wie es bei großen Menschenansammlungen, viel Musik und reichlich Alkohol üblich ist, bleibt es nicht immer bei einem fröhlichen Beisammensein, es kann genauso gut gewaltig „menscheln“. Inmitten dieser teilweise emotional aufgeladenen Atmosphäre bietet das Festival daher gezielt eine besondere Möglichkeit, einfach mal „runterzukommen“, zu verschnaufen und durchzuatmen.
Ausgelöst durch einen Vorfall auf dem ersten „Bautz“, bei dem sich eine Frau belästigt fühlte und dies öffentlich machte, hatte Claudia Adams-Kuhbier, Kirchmeisterin der Evangelischen Christuskirchengemeinde Lüdenscheid, für die weiteren Events eine zündende Idee: Sie wollte auf dem Festival einen Ort schaffen, an dem Ruhe, Schutz und Gebet möglich sind. Gemeinsam mit der erfahrenen ehemaligen Krankenhausseelsorgerin Bettina vom Brocke entwickelte sie das Konzept eines Seelsorgezelts. Die Festivalleitung erkannte ebenfalls den Bedarf und begrüßte die Initiative ausdrücklich.
Schnell fanden sich Christen aus den verschiedenen Gemeinden Lüdenscheids zusammen, die den Dienst im Zelt übernahmen. Bewährt haben sich dabei Zweistundenschichten mit jeweils zwei Personen. Bestehend oft aus Ehepaaren oder aus befreundeten Personen, die gemeinsam für die Besucher da sein wollen. Selbst Regen kann die Gespräche nicht stören, da das Zelt Schutz bietet und zum Verweilen einlädt. Dort stehen Süßigkeiten bereit, vor allem aber wird zugehört, getröstet, unterstützt und gebetet.
Die Seelsorgearbeit auf dem Bautz-Festival ist von großer Sensibilität geprägt. Niemand wird missioniert oder mit religiösen Botschaften bedrängt. Das Team begegnet allen Gästen gleichermaßen offen – unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Herkunft. Viele Besucher, auch solche, denen der Glaube fremd ist, lassen sich von der freundlichen Atmosphäre anziehen und nutzen die Gelegenheit, sich mitzuteilen oder zur Ruhe zu kommen. Manche Begegnungen bleiben oberflächlich, andere entwickeln sich zu intensiven Gesprächen über persönliche Sorgen, Lebensgeschichten oder Glaubensfragen.
Das Angebot ist bewusst ökumenisch gestaltet. Mit Sandra Ostermann steht neben den evangelischen und freikirchlichen Mitarbeitern auch eine engagierte katholische Christin als Ansprechpartnerin für Katholiken und Orthodoxe zur Verfügung. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger berichten übereinstimmend von ganz unterschiedlichen Erfahrungen: Von lockeren Gesprächen im Vorbeigehen, von neugierigen Fragen, von der Bereitschaft, sich zu öffnen, bis hin zur Möglichkeit, gemeinsam ein Gebet zu sprechen.
Die Teammitglieder sind oft auch im Gelände unterwegs und kommen dort mit Menschen ins Gespräch. Für die Seelsorgerinnen und Seelsorger ist es wichtig, das Festival ein Stück sicherer zu machen – durch ihre Präsenz, ihr Gebet und ihre Bereitschaft zu helfen.
Das Team betet zudem nicht nur für die Besucher des Zeltes, sondern für alle am Festival Beteiligten: Für die Organisatoren, Helfer, Musiker, Sicherheitskräfte, Musikfans und Caterer. Sie stellen jedes Jahr erneut die gesamte Veranstaltung unter Gottes Schutz und Segen – in Jesu Namen.
Irmtraut Huneke erzählt: „Manchmal sind die Gespräche wirklich nur locker und finden im Vorübergehen statt. Manchmal machen sich einige auch lustig nach dem Motto: „Wenn wir genug getrunken haben, dann brauchen wir Seelsorge.“ Es besteht jedoch auch immer wieder großes Interesse. Eine Frau setzte sich in diesem Jahr neben mich und fragte, was wir eigentlich hier machten? Und ich antwortete, dass wir uns einfach nur unterhalten. „Worüber?“ fragte sie. Meine Antwort: „Worüber Sie möchten.“ So entwickelte sich eine Situation, in der sie mir ihre Lebensgeschichte erzählte. Letztlich war das ein echtes Seelsorgegespräch. Sie hat mir alles erzählt, was sie beschäftigt, was sie bewegt und ihre persönlichen Nöte. Und so konnte ich sie fragen, ob ich für sie beten darf, was sie gerne annahm. Jeder Seelsorger macht auf dem Festival seine persönlichen Erfahrungen. Generell geht es in erster Linie um Unterstützung und Zuhören.“
Das Seelsorgezelt ist nicht nur ein Rückzugsort für Ruhe und Gebet, sondern wird für manche Besucher eben auch zu einem Ort der Begegnung mit Gott. Viele kommen erstmals mit einem lebendig gelebten Glauben in Berührung. Einige treffen dort sogar eine persönliche Entscheidung für Jesus, andere erleben einfach eine wertvolle zwischenmenschliche Zeit. Die Erfahrungen sind vielfältig – oft ermutigend, manchmal herausfordernd, aber immer bereichernd.
Gott hat seinen eigenen Platz auf dem „Bautz“. Und wie bereits lange Zeit unter seinem Volk Israel, wohnt er auch dort in einem Zelt. Das scheint er zu mögen. Mit dem Seelsorgezelt bietet das Lüdenscheider Groß-Event seinen Gästen daher ein einzigartiges Angebot im Festivaltrubel. Eine echte Gelegenheit zur Begegnung mit Gott und zu menschlicher Nähe, einen Schutzraum, offen für jeden, der Schutz braucht.
Das Team zieht ein positives Fazit: Die Begegnungen sind unterschiedlich, aber stets wertvoll. Das Angebot wird gerne angenommen – oft genügt schon die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen. Die Freude am Dienst verbindet das Team und motiviert, weiterzumachen. Gemeinsam Gott und den Menschen zu dienen, weil dieser Einsatz sich immer und zu jeder Zeit rundherum lohnt.