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Kreissynode: Mammutaufgabe für den Kirchenkreis

28.6.2021

Superintendent Dr. Christof Grote weiß, dass für den Kirchenkreis eine Mammutaufgabe ansteht. Rund 1000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Rahmen des Kirchengesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im heimischen Kirchenkreis geschult (Foto: EKKLP / Büdenbender)
Superintendent Dr. Christof Grote weiß, dass für den Kirchenkreis eine Mammutaufgabe ansteht. Rund 1000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Rahmen des Kirchengesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im heimischen Kirchenkreis geschult (Foto: EKKLP / Büdenbender)

Von Wolfgang Teipel

 

KIRCHENKREIS + Das Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt ist am 21. März 2021 in Kraft getreten. Es stellt den Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg vor eine Mammutaufgabe. Bis zum 31. März 2024 wird der heimische Kirchenkreis so rund 1000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Aufwand von bis zu 25 Stunden pro Person schulen. Der Zeitplan für die Abwicklung muss hierbei bis zum 30. Juni 2022 stehen. Diese neue kirchengesetzliche Regelung bedeutet für alle Beteiligten Pionierarbeit.

 

Der Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg will diese Aufgabe aus voller Überzeugung übernehmen. Das hat die Kreissynode bei ihrer digitalen Tagung am 26. Juni einstimmig beschlossen. Der Beschluss lautete im Detail: „Der Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg begrüßt das Kirchengesetz zum Schutz vor sexueller Gewalt und bekennt sich zu seiner Verantwortung, Menschen, die kirchliche Angebote annehmen oder als Mitarbeitende hier tätig sind, vor allen Formen sexualisierter Gewalt zu schützen und Betroffene angemessen zu unterstützen.“

Regina Bahlo, Mitglied des Kreissynodalvorstands versicherte: „Wir werden aktiv sein und uns der Aufgabe stellen.“ (Foto: EKKLP / Büdenbender)
Regina Bahlo, Mitglied des Kreissynodalvorstands versicherte: „Wir werden aktiv sein und uns der Aufgabe stellen.“ (Foto: EKKLP / Büdenbender)

Superintendent Dr. Christof Grote wies während der Synode auf die besondere Bedeutung hin, die das neue Gesetz für den Kirchenkreis besitzt. „Wir haben die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass über Jahre hinweg in der Kirchengemeinde Brügge und beim CVJM ein Gruppenleiter Jugendlichen sexuelle Gewalt angetan hat.“ Der Fall war im vergangenen Jahr bekannt geworden. Eine strafrechtliche Verfolgung des mutmaßlichen Täters war nicht mehr möglich, da sich der Mann nach dem Bekanntwerden der Vorfälle das Leben genommen hatte. Dennoch arbeiten der Kirchenkreis und die Kirchengemeinde, in Zusammenarbeit mit der Landeskirche, seit fast einem Jahr mit Hochdruck daran, den Fall aufzuklären und die Betroffenen zu unterstützen.

 

Regina Bahlo vom Kreissynodalvorstand verdeutlichte: „Sexuelle Gewalt ist mitten unter uns. Und das schon lange. Vor diesem Hintergrund nehmen wir die Selbstverpflichtung an, allen den erforderlichen Schutz zu gewähren, Widerstand gegen sexuellen Missbrauch zu leisten und Wege anzubieten, wenn die Not erkannt wird.“ Sie versicherte: „Wir werden aktiv sein und uns der Aufgabe stellen.“

 

Zuvor hatte Daniela Fricke, Landeskirchliche Beauftragte für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung, das Gesetz und insbesondere die Bedeutung der Ansprech- und Meldestelle erklärt.

Daniela Fricke, Landeskirchliche Beauftragte für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung, erläuterte das Gesetz und die Bedeutung der Ansprech- und Meldestelle (Foto: EKKLP / Büdenbender)
Daniela Fricke, Landeskirchliche Beauftragte für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung, erläuterte das Gesetz und die Bedeutung der Ansprech- und Meldestelle (Foto: EKKLP / Büdenbender)

Rendel Simon, Leiterin der psychologischen Beratungsstelle des Diakonischen Werkes in Lüdenscheid, hat inzwischen eine Ausbildung als Präventionspartnerin absolviert. Sie erläuterte bei der Synode die Ziele der Schulungen zum Schutz vor sexueller Gewalt. Danach sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in besonderer Weise für das Thema sensibilisiert werden. Es soll ein Klima geschaffen werden, in dem Grenzverletzungen angesprochen werden können. Daraus soll ein verbesserter Schutz für Kinder und Jugendliche, Gemeindeglieder, Klientinnen und Klienten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgen. Ein wesentlicher Punkt ist auch die Handlungssicherheit in Verdachtsfällen.

 

Die Schulungen sollen Basiswissen vermitteln und beispielsweise auch die Frage klären, was bereits eine Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist. Darüber hinaus geht es um Täterstrategien und institutionelle Gefahren sowie Risikofaktoren, die sexuellen Missbrauch begünstigen.

Rendel Simon, Leiterin der psychologischen Beratungsstelle der Diakonie in Lüdenscheid, erläuterte bei der Synode die Ziele der Schulungen zum Schutz vor sexueller Gewalt (Foto: EKKLP / Büdenbender)
Rendel Simon, Leiterin der psychologischen Beratungsstelle der Diakonie in Lüdenscheid, erläuterte bei der Synode die Ziele der Schulungen zum Schutz vor sexueller Gewalt (Foto: EKKLP / Büdenbender)

Neben Rendel Simon werden Andrea Bäcker und Monika Triffo als Multiplikatorinnen im Kirchenkreis und in den Kirchengemeinden unterwegs sein. Jutta Tripp aus dem Büro des Superintendenten wird als Präventionsfachkraft die Moderation bei der Erstellung der Risikoanalyse und des passgenauen Schutzkonzeptes übernehmen. Denn eins ist klar: „Das eine Schutzkonzept, das auf alle zutrifft, gibt es nicht“, betonte Superintendent Grote.

 

Die Umsetzung des neuen Kirchengesetzes zieht auch einen erhöhten finanziellen Aufwand nach sich. Die Synode beschloss daher mehrheitlich, dass der Kirchenkreis für die Jahre 2021 und 2022 einen Kostenanteil von 60.000 Euro übernimmt, um dieser Aufgabe und Verantwortung gerecht zu werden. Der Betrag kann aus den Kirchensteuer-Mehreinnahmen im Jahr 2020 entnommen werden. Die Landeskirche steuert für die beiden Jahre den gleichen Anteil bei. Welche Regelungen in den Folgejahren getroffen werden, wird auf einer kommenden Synode entschieden.

 

So steht für den heimischen Kirchenkreis und der Landeskirche eine große Aufgabe bevor, auf die man aber zuversichtlich blickt. Daniela Fricke als landeskirchliche Beauftragte fasst es so zusammen: „Wir werden den Weg Schritt für Schritt gehen und es wird gelingen!“

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