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In der Abgeschiedenheit von Borbet

20.8.2021

„Hier bleiben wir.“ – Das Ehepaar Tromsdorf liebt die Abgeschiedenheit der alten Siedlung Borbet. Der Orgelbauer und Pastor Hermann Tromsdorf (hier sitzend an seiner Holzorgel) und seine Frau haben das Haus zu großen Teilen selbst renoviert. (Foto: Martin Büdenbender)
„Hier bleiben wir.“ – Das Ehepaar Tromsdorf liebt die Abgeschiedenheit der alten Siedlung Borbet. Der Orgelbauer und Pastor Hermann Tromsdorf (hier sitzend an seiner Holzorgel) und seine Frau haben das Haus zu großen Teilen selbst renoviert. (Foto: Martin Büdenbender)

Von Martin Büdenbender

 

LÜDENSCHEID + Hermann Tromsdorf ist 89 Jahre alt und viel herum gekommen. Als Orgelbauer war er überall dort tätig, wo eine neue Orgel gebaut wurde oder eine alte zu renovieren war. Gelernt hat der gebürtige Hamburger bei dem bekannten Orgelbauer Rudolf von Beckeradt. Nach der Lehre arbeitete er zunächst in anderem Orgelbaufirmen. Dann entschied er sich jedoch für eine Laufbahn als Theologe und wirkte bis zu seinem Ruhestand in verschiedenen Gemeinden als Pastor. Dem Orgelbau blieb er dennoch treu. Aus dem Beruf wurde ein Hobby.

 

Alles in allem blickt Hermann Tromsdorf auf ein bewegtes Leben zurück. Trotzdem, oder gerade deswegen hat er ein festes Zuhause gesucht. In der kleinen Siedlung Borbet oberhalb des Versetals hat er es gefunden. Es ist ein Zuhause, das Beständigkeit ausstrahlt, wie kaum ein anderes. Denn bereits 1431 wurde die Siedlung Borbet erstmals urkundlich erwähnt. Sie vermittelt noch heute einen Eindruck von der ländlichen Bauweise des märkischen Sauerlandes. Die drei aus massiven Bruchsteinen gemauerten Häuser wirken, als seien sie für die Ewigkeit geschaffen.

Aus dem18. Jahrhundert stammt das Haus Borbet 30, das Hermann Tromsdorf zusammen mit seiner Gattin Waltraud Ende der 1970er Jahre gekauft hat. Es ist das mittlere der drei Häuser zu denen auch noch zwei Scheunen und ein Speicher gehören. Das turmartige, aus Bruchsteinen gemauerte Gebäude ist ein typisches Bauernhaus: Unten ein zweiteiliger Gewölbekeller, der einst als Stall genutzt wurde, darüber auf zwei Geschossen die Wohnräume und unterm Satteldach ein Heuboden.

Die Siedlung wurde bereits 1431 erstmals urkundlich erwähnt. Aus dem18. Jahrhundert stammt das Haus Borbet 30, das Hermann Tromsdorf zusammen mit seiner Gattin Waltraud Ende der 1970er Jahre gekauft hat. (Foto: Martin Büdenbender)
Die Siedlung wurde bereits 1431 erstmals urkundlich erwähnt. Aus dem18. Jahrhundert stammt das Haus Borbet 30, das Hermann Tromsdorf zusammen mit seiner Gattin Waltraud Ende der 1970er Jahre gekauft hat. (Foto: Martin Büdenbender)

Altes Bauernhaus wurde zum Traumhaus

 

Als Hermann Tromsdorf das Gebäude vor gut 40 Jahren erwarb, sah es wirklich nicht wie ein Traumhaus aus. Der Zahn der Zeit hatte unübersehbar am alten Gemäuer genagt. Aber als traumhaft empfand das Ehepaar die Lage mitten im Wald oberhalb des Versetals: „Wir haben das Haus Borbet 30 mit dem guten Gefühl erworben: Hier gehören wir hin“. Und zu einem Traumhaus ist das alte Gebäude im Laufe der Jahre dann auch noch geworden. Viel Zeit und Geld steckten die Tromsdorfs in die Renovierung und den Umbau. Mit von der Partie war die inzwischen verstorbene Freundin des Ehepaars, Margret Schröder.

„Wir haben sehr viel selber gemacht“, erinnert sich Hermann Tromsdorf, außen die alten Bruchsteinmauern neu verfugt, die verfallenen Freitreppe vor dem gewölbten Kellergeschoss instand gesetzt, das steil ansteigende Gelände terrassiert und einen schönen Garten angelegt, innen Dielen und Holzbalken erneuert und lackiert, die dicken Bruchsteinwände verputzt und gestrichen und eine Holzbearbeitungswerkstatt eingerichtet. Über Jahre zog sich die Renovierung hin. Arbeiten, die nicht selbst erledigt werden konnten, wurden an Handwerker vergeben, die unter anderem einen neuen Dachstuhl errichteten. „Bei allen Umbauten und Renovierungsarbeiten haben wir Wert darauf gelegt, den Charakter des Hauses zu erhalten“, betont Hermann Tromsdorf. Im Dezember 1984 wurden die Häuser der Siedlung Borbet unter Denkmalschutz gestellt. „Da hatten wir mit unseren Arbeiten bereits getan“, lacht Hermann Tromsdorf und lädt zu einem Rundgang ein.

 

Kemenatenkamin an der Giebelseite

 

Schon beim Betreten des Hauses wird man von einem Gefühl von Wärme und Behaglichkeit gefangen genommen. Hoch zur Holzbalkendecke ragen zwei mächtige Holzstämme und lenken den Blick hin zum Kemenatenkamin an der Giebelseite. Hier hat früher ein in der kalten Jahreszeit ein offenes Feuer für wohlige Wärme im Haus gesorgt. Heute wird der Kamin nicht mehr genutzt. Er ist nur noch Schmuckstück. Stattdessen heizen die Tromsdorf mit zwei kunstvoll verzierten gusseisernen Öfen. Der Boden vor dem Kamin ist mit Steinplatten ausgelegt. Ansonsten sind die Zimmer im Erdgeschoss rustikal gefliest. Das passt zum Bruchsteinmauerwerk, die weiß verputzt sind, so dass nur die gewaltigen Fensterlaibungen und die meterstarken Durchgänge in die anderen Zimmer daran erinnern, wie dick diese Wände sind. In einer Nische im Flur fällt eine Bodenklappe auf. Hermann Tromsdorf greift nach einem Seilzug. Überraschend leichtgängig öffnet sich die Klappe und gibt den Blick ins Kellergewölbe frei. Ein wenig erinnert es an ein Burgverlies. Oberhalb der Bodenklappe führt eine breite Holztreppe ins Obergeschoss. Links an der Wand hängen Fotografien von einem halb verfallenen Bruchsteinhaus. Hermann Tromsdorf bestätigt: „Ja, das ist unser Haus. So sah es aus, bevor wir es renoviert haben.“

Dass es eine hauseigene Orgel gibt, überrascht nicht, da doch der Hausherr orgelbauender Pastor ist. (Foto: Martin Büdenbender)
Dass es eine hauseigene Orgel gibt, überrascht nicht, da doch der Hausherr orgelbauender Pastor ist. (Foto: Martin Büdenbender)

Oben angekommen läuft man über glänzend lackierte Holzdielen und gelangt in geschmackvoll eingerichtete Zimmer. Auch dort dominieren warme Holztöne. Bilder und Fotografien hängen an den Wänden. Eine breite Chaiselongue steht einladend unter dem Bücherregal. Hier möchte man gerne eine Lesepause einlegen. Eine steile Treppe führt auf den Spitzboden. Dort hat früher das Heu gelagert. Jetzt ist dort ein wunderschönes Dachzimmer eingerichtet. Nicht nur die offenstehende Balkenkonstruktion ist eine Augenweide. Alles ist liebevoll dekoriert. Ein hölzerner Kerzenständer steht auf dem Beistelltisch. Ein hübsches Spinnrad neben dem Schaukelstuhl unterstreicht die märchenhafte Stimmung.

 

Eine Hausorgel komplett aus Holz

 

Doch zurück ins Erdgeschoss. Denn das Beste kommt zuletzt. Im Wohnzimmer des Ehepaares, dort wo in anderen Haushalten der Fernseher thront, ist ein riesiges Instrument aufgebaut: Eine Hausorgel. Eigentlich naheliegend, wo doch der Hausherr ein orgelbauender Pastor ist. Aber wenn man so unverhofft vor der Orgel steht, ist man von diesem Anblick einfach überwältigt. Von der kleinsten bis zur größten unter die Zimmerdecke reichenden Pfeife ist sie vollständig aus Holz gefertigt. Die Hausorgel sieht nicht nur schön aus, sie klingt auch so. Wer sich einen Eindruck davon verschaffen will, der kann auf der Seite ernstleuze.de eine Hörprobe aufrufen. Die dort beschriebene Orgel ist ebenfalls von Hermann Tromsdorf gebaut.

Ein Rundgang durch das Haus Borbet 30 (alle Fotos: Martin Büdenbender)

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