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Ein Zelt erzählt vom Wunder Gottes

27.9.2021

Im Zelt informierten Horst Schmermbeck und Reimund Bräuniger (Lüdenscheid, r.) als Zeitzeugen über das Leben in der DDR und über das Wunder des Mauerfalls und der friedlichen deutschen Wiedervereinigung. (Foto: Ingrid Weiland)
Im Zelt informierten Horst Schmermbeck und Reimund Bräuniger (Lüdenscheid, r.) als Zeitzeugen über das Leben in der DDR und über das Wunder des Mauerfalls und der friedlichen deutschen Wiedervereinigung. (Foto: Ingrid Weiland)

LÜDENSCHEID + Zwei Lüdenscheider Ehepaare – Ingeborg und Horst Schmermbeck sowie Margret und Günter Ozdyk – haben das „Zelt der Begegnung“ schon in Thüringen, im Erzgebirge und in anderen Regionen Deutschlands begleitet. Jetzt führen sie bis Freitagmittag (24.9.) Interessierte durch die Zeltausstellung, die unter der Überschrift „31 Jahre friedliche Revolution – ein Zelt erzählt vom Wunder Gottes 1989“ steht, und erinnern an das Wunder des Mauerfalls und der deutschen Wiedervereinigung.

 

Die Zeltausstellung wurde in der vergangenen Woche auf dem Gelände hinter dem CVJM-Jugendheim an der Mathildenstr. 30 eröffnet, und die ersten Besucher stellten sich gleich ein. Zu diesen gehörten die Mitglieder des Männerkreises der evangelischen Kirchengemeinden Oberrahmede und Rahmede. Bei der dreiteiligen Ausstellung, die in einem Zelt der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR präsentiert wird, geht es um die Themen „Das war die DDR“, „Christen in der DDR“ und „Friedliche Revolution“, die durch Informationen von Horst Schmermbeck, Zeitzeugen-Berichten und Video-Clips ergänzt wurden.

Horst Schmermbeck als Zeitzeuge zeichnete die Nachkriegszeit ab 1945 und die Geschichte der deutschen Teilung nach. (Foto: Ingrid Weiland)
Horst Schmermbeck als Zeitzeuge zeichnete die Nachkriegszeit ab 1945 und die Geschichte der deutschen Teilung nach. (Foto: Ingrid Weiland)

Schmermbeck zeichnete die Nachkriegszeit ab 1945 und die Geschichte der deutschen Teilung nach: 1949 wurde aus der britischen, der amerikanischen und der französischen Besatzungszone die Bundesrepublik gebildet, und auf dem Boden der sowjetischen Besatzungszone entstand die DDR. Zwei Zeitzeugen, die beide aus Schlesien stammen, berichteten über ihr Leben in der DDR: Reimund Bräuniger (Lüdenscheid) und Peter Schierbock (Mühlenrahmede). Bräuniger, der zu den Jungen Pionieren gehörte, war in einer 35-köpfigen Gruppe einer von fünf jungen Leuten, die sich konfirmieren ließen und nicht zur Jugendweihe gingen. Dadurch fiel er zum ersten Mal unangenehm auf. Wer die Jugendweihe ablehnte und sich somit nicht zum Staat bekannte, hatte mit Schwierigkeiten bei der weiterführenden Schulbildung zu rechnen. Kontakte zu Westdeutschen brachten Bräuniger ein zweistündiges nächtliches Verhör ein. Als er als „Republikflüchtiger“ eingestuft wurde, floh er über Berlin nach Hannover und landete als 18-jähriger im Auffanglager in Gießen. Er und auch Schierbock, der 1956 aus der DDR „abhaute“, haben dort mitbekommen, wie am 17. Juni 1953 die Hoffnung auf eine menschlichere DDR von Panzern der Sowjetunion niedergewalzt wurde.

 

Weitere Ereignisse, mit denen die DDR-Vergangenheit nachgezeichnet wurde, waren unter anderem der Mauerbau, durch den das „Schlupfloch“ Berlin am 13. August 1961 geschlossen wurde, nachdem bis dahin drei Millionen DDR-Bürger in den Westen geflohen waren sowie der Tod des Pfarrers Oskar Brüsewitz, der sich 1976 mit Benzin übergoss und auf diese Weise den Kommunismus „wegen Unterdrückung der Kirche in Schulen an Kindern und Jugendlichen“ anklagte.

 

Die seit 1981 in der Leipziger Nikolaikirche stattfindenden Friedensgebete führten schließlich zur Wende. Das Wunder geschah: Ein bereits erteilter Einsatzbefehl gegen 70.000 friedliche Demonstranten wurde zurückgezogen, und unter dem Druck der Menschen kam es zum Mauerfall. Die Zeltausstellung wird durch Bücher von Zeitzeugen, Aktionen und Spiele wie ein DDR-Memory (mit Trabbis und anderen für die DDR- typischen Artikeln) ergänzt. Sie ist vor allem für Leute interessant, die bisher keine Vorstellung davon hatten, ein welch bedeutender Meilenstein die friedliche Revolution in der Geschichte Deutschlands war. ©ih

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