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Orgelakademie gibt Abschlusskonzert
18.10.2021

LÜDENSCHEID + Zum Abschluss der Zweiten Lüdenscheider Orgelakademie entführten Dozenten und Teilnehmer am Samstagabend in der Erlöserkirche in ungeahnte Klangsphären. „So habe ich die Orgel noch nie gehört“, kommentierten Zuhörer das spannende, so noch nie gehörte und nie wieder zu hörende Improvisationskonzert. Zugleich als Virtuosen, die Stilistiken, Grifftechniken und Tonsprachen meisterhaft beherrschten, als auch als Komponisten, die der Orgel aus dem Stegreif eine schier grenzenlose Klangfülle entlockten, stellten sich die Ausführenden – voran die beiden Dozenten Prof. Tomasz Adam Nowak und Prof. Thierry Escaich – ihren begeisterten Zuhörern in der Kirche vor.
Mal schien die Urgewalt des Klangs den Kirchenraum zu sprengen, mal war die Musik nur als leises Flüstern zu vernehmen. In die Form einer barocken Partita, eines Scherzos, eines Nocturnes oder einer Fantasie eingebunden, verliehen die komponierenden Interpreten (oder umgekehrt) der Musik Flügel. Ein solches Instrument zu hören, sei eine große Freude, bekannte Hans-Peter Semmler, Vorstand der Stiftung Altstadtorgel, bei der Begrüßung. Als Meister ihres Fachs stellte er die beiden Dozenten – Tomasz Adam Nowak als künstlerischen Leiter der Akademie und den in vielen Gattungen und Formen komponierenden Thierry Escaich – vor.
Improvisation an der Orgel habe eine lange Tradition. Selbst Johann Sebastian Bach und Max Reger hätten sich in der Kunst der Improvisation geübt. Die Herausforderung bestehe darin, dass zugleich Virtuosität beim Spielen wie beim Komponieren gefordert seien – und beides ad hoc. Mit einer Intrada eröffnete Tomasz Adam Nowak, der Orgel und Improvisation an der Musikhochschule Detmold unterrichtet und als Organist die Orgel der St. Lamberti-Kirche in Münster zum Klingen bringt, den Reigen inspirierter Orgelimprovisationen, bei denen die Kreativität der einzelnen Spieler deutlich zutage trat. Ganz im Sinne eines instrumentalen Eröffnungsstücks lud Nowaks klangmächtige Improvisation zum Eintritt in eine experimentelle Welt der Klangfarben und Formen, facettenreicher Registrierung und lebendiger Vortragsweise ein. Bemerkenswert, wie sich der Klangrausch über kreisende Motive in ein Flüstern verwandelte und sich geheimnisvolles Flirren mit einem dunklen Grollen, das aus der Tiefe der Erde zu kommen schien, verband.
In zwei Blöcken zu je vier Spielern glänzten die Teilnehmer – unter ihnen Kantor Dmitri Grigoriev mit einem Prelude und Fugue und Projektleiterin Anne Temmen-Bracht als einzige Frau mit einem Nocturne – am Instrument. Mit von der Partie waren darüber hinaus Takahiro Yamauchi, Tomasz Gluchowski, Alexander Herren, Johannes Merkle, Christoph Preiß und Marcel Eliasch, die über Kirchenlieder improvisierten, hier eine tänzerisch verspielte Passacaglia oder dort ein lebhaft bewegtes Scherzo aus dem Stegreif zauberten. Das überwältigende Schlusswort gehörte Thierry Escaich, der in seiner Fantasie einen ganzen Katalog an Ausdrucksformen aufschlug und seine bildgewaltigen Tongemälde zu strahlender Farbigkeit entfaltete. ©ms
