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Mit dem Rohrstock die Wirtshäuser gesäubert

24.11.2021

Manches im Dorf, so auch die Errichtung des zentralen Gebäudes am Marktplatz, heute Bürgerhaus, geht auf die Initiative eines Vertreters aus der im Mannesstamme hier schon lange erloschenen Familie Heuser zurück. (Foto: Rainer Crummenerl)
Manches im Dorf, so auch die Errichtung des zentralen Gebäudes am Marktplatz, heute Bürgerhaus, geht auf die Initiative eines Vertreters aus der im Mannesstamme hier schon lange erloschenen Familie Heuser zurück. (Foto: Rainer Crummenerl)

RÖNSAHL + Vieles in Rönsahl erinnert bis auf den Tag an die so genannte „gute alte Zeit“, so es sie denn jemals gegeben haben sollte. Stummes Zeugnis vom Handel und Wandel der Dorfbewohner in früherer Zeit legen mehrere repräsentative Bürgerhäuser ab, die auch heute noch vom einstmals vorhandenen Wohlstand ihrer Erbauer beziehungsweise Bewohner künden, auch wenn deren Namen im Mannesstamme am Ort längst erloschen sind.

In ähnlicher, wenn nicht gar in noch deutlicherer Form, trifft diese Feststellung auch Friedhöfe im Allgemeinen und so auch auf den Kommunalfriedhof in Rönsahl zu. „Gräber schaffen Heimat“, so sagt man. Alte Grabmale, insbesondere deren Inschrift, so sie denn die Zeiten „überlebten“, können so manches vom Handel und Wandel derjenigen erzählen, die hier ihre letzte Ruhestätte fanden.

Einer dieser Grabsteine aus alter Zeit ist der Erinnerung an verschiedene Sprosse der hier einstmals über einen langen Zeitraum in Rönsahl ansässigen und in mancherlei Hinsicht besonders einflussreichen Familie Heuser gewidmet. Auch beim Stöbern in alten Chroniken findet sich der Name „Heuser“ mehrfach. So zum Beispiel auch, wenn von der langen Reihe der evangelischen Pfarrer in Rönsahl die Rede ist, die seit dem Jahre 1560 und dem damals erfolgten geschlossenen Übertritt der Gemeinde zur evangelischen Glaubenslehre das Pfarramt an der Servatiuskirche ausübten.

Ein besonders charismatischer Rönsahler Pastor ist in Ausübung seines Amtes durchaus zu ungewöhnlichen Maßnahmen bereit gewesen. Gemeint ist Pastor Johann Peter Heuser, dem neunten Pfarrer in Rönsahl nach Einführung der Reformation. 1721 in Ründeroth geboren, wo sein Vater Eisenhändler und „Mitbeerbter“ an der Oesinghauser Schmelze war, kam er im Jahre 1728 an die hiesige Schule zu dem Lehrer Neuhaus. Nach verschiedenen Stationen in der Ausbildung, so die Chronik, kam er dann 1744 als Kandidat zu Pastor Schrage, um ihm beim Predigen zu assistieren und seinen Sohn zu informieren. Nach der Ordination zum Prediger und Seelsorger hielt er 1747 seine Antrittspredigt in Rönsahl.

Weiter wird berichtet: „In seinem Amte war er sehr eifrig und in seinem Leben und Wandel sehr aufrichtig. Daher hasste er nichts mehr als Heuchelei und sah nicht auf das Äußere. Übrigens mögen hier einige Züge aus seinem Leben, wie sie sich hier in der Gemeinde von den Eltern auf die Kinder fortgepflanzt haben und welche von seiner treuen Amtsführung zeugen, bemerkt werden: Wenn er des Sonntags beim Altargebet bemerkte, dass die Gemeinde noch nicht zahlreich versammelt gewesen, dann hat er nicht selten seinen Rohrstock genommen und mit demselben während des Hauptliedes die umliegenden Wirtshäuser des Dorfes gesäubert und auf diese Weise seine Pfarrkinder fast mit Gewalt zum Kirchenbesuch gebracht.“

Dieser Grabstein im Eingangsbereich des Rönsahler Friedhofs erinnert – wenngleich auch in nur noch schwer entzifferbarer Schrift – an Angehörige der Familie Heuser, die über einen langen Zeitraum maßgeblich an der Gestaltung des öffentlichen Lebens in Rönsahl beteiligt war. (Foto: Rainer Crummenerl)
Dieser Grabstein im Eingangsbereich des Rönsahler Friedhofs erinnert – wenngleich auch in nur noch schwer entzifferbarer Schrift – an Angehörige der Familie Heuser, die über einen langen Zeitraum maßgeblich an der Gestaltung des öffentlichen Lebens in Rönsahl beteiligt war. (Foto: Rainer Crummenerl)

Weiter wird von ihm berichtet, er habe mit den Mönchen im Kloster in Marienheide in beständiger Fehde gelebt. „Wenn er nur entfernt vernahm oder mutmaßte, dieselben machten Versuche, das eine oder andere seiner Gemeindeglieder von der evangelischen Kirche abtrünnig zu machen, dann hat er sich augenblicklich aufgemacht, um die betreffenden Personen dem Einfluss der Mönche zu entziehen, oft unter Gefahr, in ein ernstes Handgemenge mit ihnen zu geraten. Bei einer solchen Gelegenheit ist es dann auch einmal vorgekommen, dass ihn die Klosterbrüder an einem Sonnabende im Kloster eingeschlossen und erst am Sonntagmorgen, nachdem der Küster schon zum Gottesdienst geläutet hatte, wieder freigelassen haben.“

 

„Johann Peter Heuser und seine Frau wurden mit elf Kindern gesegnet. Er starb am 4. Mai 1782 an der Wassersucht im Alter von 61 Jahren und im 37. Jahr seiner Amtsführung. Die Nachfolge trat sein Sohn Johann Wilhelm Heuser an, der seinem Vater bereits seit 1780 adjungiert war. Dieser war ebenso treu und pünktlich, sowohl in der Seelsorge als auch in der Führung der Kirchenbücher, doch sanfteren und nachgiebigeren Charakters als der Vater...“ So weit dieser Bericht.

Um den Namen Heuser ranken sich viele weitere Geschichten, so auch die vom Kaufmann Leopold Heuser vom Kap der Guten Hoffnung und seinem „Mohren“. Davon jedoch soll bei anderer Gelegenheit die Rede sein... ©cr

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