Artikel Archiv

Jörg Grigull: „Ich bereue es nicht und würde es wieder so machen.“

16.2.2018

 

Blick von der Empore. Dass die Nicolaikirche in Halver in einem gutem Zustand ist, liegt auch an dem großen Engagement von Jörg Grigull (Foto: Guido Raith)

 

Von Guido Raith

KIRCHENKREIS / HALVER + Sie sind Tag für Tag in den Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg unterwegs, arbeiten im Kreiskirchenamt, dem Friedhofsverband, im Diakonischen Werk oder ehrenamtlich neben ihrem Beruf in den Kirchengemeinden. Und hinter jedem dieser Menschen steckt eine Geschichte, die ihn irgendwann zum Dienst in der Evangelischen Kirche führte, die jedoch kaum jemand kennt. Im Rahmen der Serie „Einer von uns...“ werden nun einige dieser Geschichten erzählt, rücken der Mensch und das Menschliche in den Vordergrund und Kirche bekommt einmal mehr ein Gesicht.

„Einer von uns...“ ist Jörg Grigull aus Halver. Der Baukirchmeister, der sich heute Vorsitzender des Bauausschusses nennt, gehört dem Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Halver schon seit rund 21 Jahren an. Doch seine Berufung für den Dienst in der Gemeinde war eher spät zu erkennen. „Mit 14 hat man mich hier eigentlich herauskonfirmiert“, erinnert sich der jetzt 54-jährige Halveraner, der auch genau weiß, wann sich das Blatt wendete. Durch seine jetzige Frau und damalige Freundin Ulrike habe er etwa mit zwanzig Jahren im CVJM „...erst gelernt, was Glauben eigentlich heißt“. Nicht nur über Gott sei im Kreis der Ehrenamtlichen mit den jungen Leuten im CVJM gesprochen worden, sondern über alles Mögliche, was junge Leute so interessiert und das junge Paar fühlte sich so heimisch, dass beide kurz vor ihrer Hochzeit dann 1989 hier auch als Mitglieder eintraten. „Viele, die hier in der Kirchengemeinde etwas machen, haben ihre Wurzeln im CVJM“, beschreibt Jörg Grigull die Situation in Halver heute.

Eine der regelmäßigen Aufgaben von Jörg Grigull: Im Glockenturm muss nach der historischen Kirchenuhr gesehen werden (Foto: Guido Raith)

1992 dann bekamen Jörg und Ulrike Grigull ihren ersten Sohn Markus, 1994 folgte Lukas. Als sich 1996 zur Evangelischen Familienfreizeit im Sommer dann viele ehrenamtliche Gemeindemitglieder anmeldeten, der Küster in Halver längst im Ruhestand war und Pfarrer Hölscher händeringend Unterstützung suchte, war Jörg Grigull zur Stelle – erst nur als ehrenamtliche Aushilfe, aber, nachdem er sich mit den bislang dort Verantwortlichen angefreundet hatte, sagte er seine unentgeltliche Hilfe längerfristig zu. „Zwanzig Jahre habe ich nicht ganz voll gekriegt“, scherzt Grigull jetzt, und er sagt das, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, seine freie Zeit in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Ohne „Läute-Computer“, den es natürlich heute gibt, hieß das unter anderem, jeden Samstagabend per Hand die Glocken zum Einläuten des Sonntags zu bedienen und selbstverständlich auch Sonntagsfrüh ebenso wie zum Abendmahl oder zu Taufen und ähnlichen Anlässen immer zur Stelle zu sein. Grigull beschreibt seine Intention heute so: „Ich bin nicht so ein Mensch, der auf Leute zugeht und sagt: Ich erzähle dir etwas vom Glauben. Ich bin mehr für die praktische Arbeit. Im ersten Petrus-Brief heißt es ja auch, jeder solle dem anderen nach seiner Gabe dienen. Es hat sich herauskristallisiert, dass ich dort genau richtig war.“

Lange Zeit war der Halveraner für das manuelle Leuten der Glocken zuständig (Foto: Guido Raith)

Um die Jahrtausendwende etwa wurde Grigull dann schließlich gefragt, ob er sich als Kandidat für das Presbyterium zur Verfügung stellen würde. Es deutete sich ein Generationenwechsel an, denn die Gemeinde suchte gerade jüngere Menschen. Nach Rücksprache mit seiner Frau, die ihm Rückendeckung gab, sagte Jörg Grigull zu, wurde gewählt und engagierte sich von Beginn an auch gleich im Bauausschuss. Gemeinsam mit anderen Ausschussmitgliedern wurde dann die Arbeit neu strukturiert und man setzte die Idee um, Paten für die kirchlichen Gebäude einzusetzen. Grigull: „Das ist bis heute so und hat sich gut bewährt.“ Das, was er an Liebe und Menschlichkeit in der Gemeinde erfahren habe, so beschreibt Jörg Grigull, wollte er auch immer versuchen, durch seine Arbeit im Ehrenamt wieder zurückgeben. „So blieb ich immer intensiv dabei, mit allen Höhen und Tiefen, die wir in der Gemeinde erlebt haben.“

Auf dem Dachboden finden regelmäßig Inspektionsgänge statt (Foto: Guido Raith)

Und neben einem bewegten Gemeindeleben gab es auch die ein oder andere konkrete Krise, die auch durch Mithilfe von Jörg Grigull überwunden werden musste. Zuletzt im Winter 2015/2016, wo durch Zufall einen Tag vor Weihnachten entdeckt wurde, dass sich das Dach der Nicolaikirche in einem alarmierend schlechten Zustand befand, der es nicht mehr zuließ, hier das Weihnachtsfest zu feiern. Kurzfristig mussten neben der genauen Bestandsaufnahme und dem Einleiten von Sicherungsmaßnahmen Vorkehrungen getroffen werden, die alle Gottesdienste in andere Räume ermöglichten. Hier bewährte sich der stets gute Kontakt zur katholischen Gemeinde, die alle Gläubigen in ihr Gotteshaus einlud und damit aushalf. Gemeinsam mit der federführenden Architektin Catrin Brückmann leitete Jörg Grigull dann die weiteren Sanierungsschritte ein. „Ich war froh, dass ich zu der Zeit nicht allein da stand“, erinnert sich der Halveraner. Das habe die ganze Gemeinde noch einmal neu zusammengeschweißt.Viele Angebote, die es in der Kirchengemeinde Halver gibt, nebenbei der größten im Evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg, wären ohne das Ehrenamt heutzutage gar nicht mehr leistbar, beschreibt Jörg Grigull die Situation und hofft dabei natürlich, dass sich wieder junge Menschen finden, die auch seinen „Job“ irgendwann in absehbarer Zeit übernehmen.

Auch in der Kirchenorgel sieht er nach dem Rechten (Foto: Guido Raith)

Aktuell blickt das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Halver und mit ihm auch Jörg Grigull in die Zukunft auf der Suche nach einer Vision, nach neuen Antworten auf  drängende Fragen. Einen Weg des christlichen Miteinander wünscht sich Jörg Grigull, auch beispielsweise im Hinblick auf die politische Diskussion um die Flüchtlinge, von denen viele jetzt eine Möglichkeit zur Integration suchen würden. Grigull: „Soll ihnen diese Möglichkeit jetzt genommen werden? Das finde ich nicht fair.“

Im Hinblick auf kirchliche Entwicklungen und Zusammenschlüsse von Kirchenkreisen hat Grigull auch eine Meinung. Natürlich solle nicht jeder „sein eigenes Süppchen“ kochen, aber eine gewisse feingliedrige Struktur, eigenständige Entscheidungen und die direkte Weitergabe des Glaubens vor Ort wären wichtige Voraussetzungen für das Wachsen der Gemeinden. Rückblickend auf sein bisheriges Schaffen in der Kirche sagt Jörg Grigull: „Ich bereue es nicht und würde es jederzeit wieder so machen.“ Und wenn seine Frau manchmal schon mahnt, er könne doch mal jüngere Leute ranlassen, gibt er ihr natürlich recht. Nicht zuletzt, weil es ja neben Familie, Bauausschuss und Presbytertium auch noch eine Leidenschaft gibt, der er gerne Zeit widmet. Seit Jahren ist er im Modelleisenbahnclub Halver aktives Mitglied und die Betreuung zweier großer Anlagen liegt ihm am Herzen.

Als aber das Telefon klingelt und wir das Gespräch zügig beenden müssen, ist Jörg Grigull wieder voll in seinem Element als Bau-Kirchmeister. Ein Baum sei auf ein Kirchengrundstück gefallen und darum müsse man sich jetzt kümmern. Und „man“ heißt wie so oft bei baulichen Angelegenheiten in der Halveraner Gemeinde natürlich erst mal Jörg Grigull.

zurück zur Übersicht