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Gottesdienst im Advent: Chanukka und Weihnachten

14.12.2021

Wolfgang Dröpper entzündet während seiner Ausführungen zum jüdischen Lichterfest die „Diener-Kerze“ an der Chanukkia. (Foto: Karl-Herrmann Ernst)
Wolfgang Dröpper entzündet während seiner Ausführungen zum jüdischen Lichterfest die „Diener-Kerze“ an der Chanukkia. (Foto: Karl-Herrmann Ernst)

ATTENDORN + Im Jahr 2021 existiert jüdisches Leben in Deutschland nachweislich seit 1700 Jahren. Bundesweit wurde und wird dieses Festjahr mit zahlreichen Veranstaltungen gefeiert. Da wollte auch die Evangelische Kirchengemeinde Attendorn-Lennestadt nicht zurückstehen und feierte am Zweiten und Dritten Advent in der Erlöserkirche zu Attendorn und der Christuskirche in Finnentrop je einen außergewöhnlichen Gottesdienst unter dem Thema: „Wundervoll – Chanukka beziehungsweise Weihnachten“.

Der Vorsitzende des Gesamtpresbyteriums und Prädikant Wolfgang Dröpper erinnerte daran, dass sich die christlichen Kirchen gerade in der jetzigen Zeit auf den Weg gemacht hätten, antijüdische Klischees zu verabschieden und Gottes Bund mit Israel neu zu entdecken. Auch die Attendorner Initiative „Jüdisch in Attendorn“, deren Vertreter ebenfalls an den Gottesdiensten teilnahmen, kümmere sich intensiv um die Aufarbeitung der Geschichte der Juden in der Hansestadt.

 

Leider befänden wir uns wieder in einer gesellschaftlichen Situation, die durch ein Erstarken von Antisemitismus und weiterer Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit geprägt sei, so Dröpper. In einer respektvollen Bezugnahme auf das Judentum, die zur positiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland anrege, wolle die Kampagne „beziehungsweise – jüdisch und christlich: näher als du denkst“ auch einen Beitrag zur Bekämpfung des Antisemitismus leisten.

Mit diesem Plakat vor der Erlöserkirche in Attendorn machte die evangelische Kirchengemeinde Attendorn-Lennestadt auf die beiden Gottesdienste „Chanukka beziehungsweise Weihnachten“ aufmerksam. (Foto: Karl-Herrmann Ernst)
Mit diesem Plakat vor der Erlöserkirche in Attendorn machte die evangelische Kirchengemeinde Attendorn-Lennestadt auf die beiden Gottesdienste „Chanukka beziehungsweise Weihnachten“ aufmerksam. (Foto: Karl-Herrmann Ernst)

Anschließend erläuterte Dröpper zunächst die Bedeutung des Chanukka-Festes. So feiern die Juden in der dunklen Jahreszeit ein Lichterfest, das sie Chanukka oder Lichterfest nennen, weil dabei ein achtarmiger Leuchter eine wichtige Rolle spiele. Während dieses Festes werde jeden Tag eine weitere Kerze auf der Chanukkia angezündet.

 

Das Lichterfest feiere die Wiedereinweihung des zweiten Jüdischen Tempels in Jerusalem. Diesen hätten jüdische Aufständische, die Makkabäer, im Jahre 164 vor Christus von den hellenistischen Herrschenden zurückerobert. Einer Erzählung aus dem Talmud zufolge, wurde im zerstörten Tempel ein einziges Kännchen Öl gefunden, das den Tempelleuchter eigentlich nur einen Tag hätte erleuchten lassen können. Auf wundersame Weise reichte es jedoch acht Tage und Nächte lang aus. So lange, wie man damals brauchte, um neues Öl herzustellen.

 

Und so besitzt die Chanukkia acht oder neun Arme, wobei die neunte Halterung für die Kerze in der Mitte als „Diener“ bezeichnet werde. Mit dieser (nicht zählenden) Kerze würden die anderen Kerzen angezündet, nachdem die notwendigen Segensworte gesprochen worden seien. Die Kerzen dürften nur von Juden angezündet und würden niemals ausgepustet werden, sondern müssten von selbst erlöschen. So zündete Dröpper auch nur die „Diener-Kerze“ an der auf dem Altar stehenden Chanukkia an.

 

Im Anschluss an seine Ausführungen beschäftigte sich der Gottesdienst mit dem Adventskranz. Presbyter Gerhard Oevermann erläuterte die Geschichte des im Jahre 1839 von Johann Hinrich Wichern in Hamburg erfundenen Wichern-Kranzes mit seinen bis zu 27 Kerzen bis hin zu dem heute bekannten Kranz mit seinen vier Kerzen. Die biblischen Weihnachtsgeschichten erinnerten daran, dass hinter allem Glitzern der Lichterketten, Adventskränzen und Weihnachtsbäumen für die Christen der Glaube stehe, den sie mit ihren jüdischen Geschwistern teilten: „Gott zeigt sich in den Wundern des Lebens. Hoffnung, die immer wieder neu entzündet wird!“

 

In seiner Predigt erinnerte der Vorsitzende des Presbyteriums noch einmal daran, dass Judentum und Christentum gemeinsame Zeugen für die Wunder Gottes seien, des Gottes, an den sie gemeinsam glaubten. Gemeinsam vertraue man auf das „aufgehende Licht aus der Höhe“, das allen gelte, „die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes“ (Lukas 1 Vers 78 ff.). ©khe

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