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Kerzen als Form des Betens

16.1.2023

Der Weihnachtsbaum stand seit kurz vor Weihnachten in der Valberter Kirche und wird, wie in jedem Jahr, Ende Januar wieder abgebaut. Die von Jörn Bakowski gespendete Tanne wurde in Teamarbeit aus dem Gotteshaus getragen von Rudi Sachs, Dieter Busch, Jürgen Jungermann, Yago Böhme, Andreas Gogarn und Brian Busenius (von links). (Foto: Frank Laudien)
Der Weihnachtsbaum stand seit kurz vor Weihnachten in der Valberter Kirche und wird, wie in jedem Jahr, Ende Januar wieder abgebaut. Die von Jörn Bakowski gespendete Tanne wurde in Teamarbeit aus dem Gotteshaus getragen von Rudi Sachs, Dieter Busch, Jürgen Jungermann, Yago Böhme, Andreas Gogarn und Brian Busenius (von links). (Foto: Frank Laudien)

VALBERT + Gastfreundschaft, Ruhe und Zeit für ein Gebet. Das bietet die offene Kirche ihren Besuchern. Auch in Valbert steht die Tür der evangelischen Kirche allen Gläubigen gelegentlich offen. Zuletzt bestand an jedem Mittwochnachmittag vor dem Weihnachtsfest von 16 bis 18 Uhr die Gelegenheit zu einem zusätzlichen Kirchbesuch. In besinnlicher Atmosphäre hatten die Besucher wieder die Möglichkeit, Kerzen anzuzünden und ihre Anliegen und Bitten „abzulegen“. Zur Passionszeit werden die Türen das nächste Mal geöffnet.

 

„Jeder ist hier willkommen“, lädt Presbyter Dieter Busch die Valberter zur offenen Kirche ein. „Es ist auch immer jemand als Ansprechpartner vor Ort.“ Das Angebot besteht bereits seit annähernd drei Jahren. Besonders in der Coronazeit wurde es von vielen genutzt, um auch abseits der Gottesdienste in einem etwas privateren Rahmen zu Gott zu finden. Gegenüber dem sonntäglichen Gottesdienst, der zwischen 50 und 100 Interessierte in die Kirche lockt, betreten mittwochs nur zwischen einem bis zehn Besucher das Gotteshaus. Das könne laut Dieter Busch mit der Bekanntheit zu tun haben, sei aber auch verständlich, da hier kein Gottesdienst gefeiert wird, sondern die Kirche einfach nur geöffnet ist.

„Vor Ostern wird das Angebot auch für Friedensgebete genutzt. Im vergangenen Jahr waren bis zu 30 Leute hier, was auch mit dem Ukraine-Krieg zusammenhängt“, erklärt Küster Andreas Gogarn.

 

Dass viele Menschen der Kirche den Rücken zudrehen, macht sich natürlich auch in Valbert bemerkbar. „Besonders die Berichte von Missbrauchsskandalen und die steigenden Preise bringen die Leute dazu, aus der Kirche auszutreten“, mutmaßt er. Es gebe allerdings auch einige, die in die Kirche eintreten.

 

Auf neue Gesichter treffe man auch nach dem Totensonntag. Während Trauerphasen fänden Menschen ebenfalls öfter wieder zu Gott. Dass derzeit einige neue Besucher in der Kirche angetroffen werden, liege aber auch an der neuen Pfarrerin Martina Kämper, die für Valbert und Meinerzhagen zuständig ist. „Sie zieht auch wieder andere Leute an. Viele davon kommen jetzt auch aus Meinerzhagen“, weiß der Küster. Auch die verschiedenen Prediger, die immer mal wieder für die Gottesdienste vorbeikommen, würden ihren „Fankreis“ mitbringen.

 

Bei der offenen Kirche geht alles etwas bedächtiger zu. Den Besuchern ist auch einfach wichtig, nur eine Kerze anzuzünden. „Hier ist natürlich jeder willkommen“, betont Dieter Busch. Vielen Menschen sei es heute aber fremd geworden, miteinander oder alleine zu beten. „Sie kennen oft keine überlieferten Gebete mehr und scheuen sich, eigene Worte zu formulieren. Das Anzünden einer Kerze ist jedoch eine Form des Betens, für die sie sich öffnen können.“ Nicht selten sei dies der entscheidende Grund, die Kirche aufzusuchen.

 

„Bei uns muss man die Kerzen nicht bezahlen“, hebt Andreas Gogarn den Unterschied zu einigen anderen Kirchen hervor. „Es ist alles freiwillig, und wir stellen die Kerzen zur Verfügung. Die Kerze ist ein Symbol dafür, dass Jesus wiederkommt. Sie bringt Wärme und Licht in diese Zeit.“

„Und das ist auch wichtig“, ergänzt Dieter Busch augenzwinkernd. „Kerzen verbreiten Wärme, und wir mussten die Heizung in der Kirche von 19 auf 16 Grad herunterdrehen, um Energie zu sparen.“ Das sei jedoch kaum spürbar. Gerade in dieser kalten Zeit fühle es sich immer noch sehr warm an, wenn man von draußen hereinkommt. Für sehr kälteempfindliche Menschen liegen am Eingang auch genügend Decken bereit. ©fl

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